So geht es in Kamenz mit der Fernwärme weiter
Quelle: © SZ / Reiner Hanke
Fernwärme gewinnt für viele Menschen an Bedeutung. Das stellt die ewag kamenz als Energieversorger in der Region derzeit verstärkt fest, wobei Vorstandsvorsitzender Torsten Pfuhl selbst überrascht davon ist.
Sein Unternehmen stelle sich darauf und auf die Veränderungen in der Energie-Politik ein – nicht erst, seitdem Klimaschützer auf die Straße gehen. Torsten Pfuhl: „Aber Demos verändern kein Klima. Das geht nur gemeinsam mit der Energiewirtschaft.“ Etwa 12,5 Millionen Euro investierte der Energieversorger seit 2018.
Fernwärmeleitung auf 23 Kilometer gewachsen
Torsten Pfuhl blickt zurück. Anfang der 1990er-Jahre nach Gründung des Energieversorgers seien es gerade mal 500 Wohnungen gewesen, die im Wohnungsbaugebiet „Kamenz-Ost“ die Fernwärme nutzten. Das Leitungsnetz war damals rund 1.000 Meter lang.
Heute sind es mehr als 23 Kilometer Fernwärmeleitung, über die etwa die Hälfte der Stadt mit Wärme versorgt wird, Warmwasser inklusive.
Vom Flugplatz im Norden bis zur Nebelschützer Straße mit der Wohnungsgenossenschaft Wiesa im Süden; von Wohnungen über Behörden bis zu Schulen und Sporthallen.
Zuletzt wurde in den vergangenen anderthalb Jahren das Gründerzeitviertel angeschlossen. Das Projekt sei jetzt weitestgehend abgeschlossen, sagt Torsten Pfuhl. Damit konnten zum Beispiel auch das Therapiezentrum Westlausitz und der „Arkadenhof“ der Sparkasse angeschlossen werden.
ewag kamenz produziert die Hälfte des verkauften Stroms selbst
Das sei nur möglich gewesen, weil parallel die beiden Heizwerke Friedens- und Christian-Weißmantel-Straße umgebaut und modernisiert wurden. Sie produzieren aus Gas per Kraft-Wärme-Kopplung Wärme und Strom. Eine Holzpellet-Anlage ergänzt das System. In vier Blockheizkraftwerken mit vier Megawatt elektrischer Leistung könne jetzt etwa die Hälfte der Strommenge selbst produziert werden, die die ewag kamenz im Stadtgebiet jährlich absetzt, erklärt Pfuhl.
Eine installierte Leistung von 21,5 Megawatt steht für die Wärmeversorgung zur Verfügung, etwa drei Megawatt mehr als früher. Das ist auch nötig, allein wegen der jüngsten Erweiterung des Netzes für das Gründerzeitviertel. Hintergrund sind auch verschärfte Gesetze, um die Luft reinzuhalten: „Wir haben die einheimische Braunkohle solange unterstützt wie möglich“, sagt Pfuhl. Außerdem sei Fernwärme ökologisch sinnvoller als viele kleine Heizkessel.
Das Kamenzer Unternehmen hatte seit 2013 fünf Jahre lang an den Plänen gearbeitet, Lösungen geprüft. So etwas funktioniere nur langfristig, schätzt Torsten Pfuhl ein. Es sei auch aus heutiger Sicht die richtige Entscheidung gewesen. Er sehe das Gas als Brückentechnologie. Mit erneuerbaren Energien sei das noch nicht zu leisten, zumindest nicht wie in Kamenz für einen Preis von 7,2 Cent pro Kilowattstunde. Die alternativen Techniken seien noch nicht soweit.
Neue Technologien sollen schrittweise das Gas ablösen
Pfuhl kritisiert, dass die Energiewende geplant werde, ohne Energieunternehmen oder Wohnungswirtschaft wirklich einzubeziehen. Alle würden vom Klimaschutz reden, aber man müsse es auch umsetzen: „Dafür erwarten wir klare Vorgaben.“ Die Zukunft sehe er unter anderem in Wasserstofftechnologien sowie in Erd- und Solarwärme, um das Gas schrittweise abzulösen:
„Wir halten zum Beispiel auch eine 10.000 Quadratmeter große Fläche für Solarthermie vor.“
Im Grunde beginne jetzt die Planung, um auf regenerative Energien umzustellen. Es müsse in immer schnelleren Zyklen modernisiert werden. Das bleibe dem Hauseigentümer aber erspart, wenn er Fernwärme beziehe.
Weil das Interesse an der Fernwärme ungebrochen sei, plane man, weitere Straßenzüge anzubinden. „Derzeit ermitteln wir noch, wo weitere Anschlüsse möglich sind”, sagt der Vorstandschef. Dazu gehören die Beethovenstraße, die Henselstraße, der Bereich um den Robert-Koch-Platz, Teile der Oststraße. Das Unternehmen werde sich in der zweiten Jahreshälfte an die Grundstückseigentümer wenden.
In der Elsteraue werden auch Anschlüsse möglich sein
Ein zweites Gebiet ist die Elsteraue bis in die innere Ortslage von Kamenz-Jesau. Dort sei man von den Wünschen regelrecht erschlagen worden. Torsten Pfuhl: „Etwa 70 Prozent wollen ans Netz.“ Die Planer seien intensiv dran, technische Lösungen zu erarbeiten. Bis Ende 2023 sollen die Häuser angeschlossen werden können.
Der Fernwärmepreis ist für die Kunden besonders wichtig. Dieser werde in diesem Jahr neu kalkuliert. Trotz der zurückliegenden hohen Investitionskosten sagt Torsten Pfuhl: „Wir wollen den Preis nicht erhöhen.“ Man könne allerdings nicht voraussehen, was der Gesetzgeber macht. So sei bei der CO2-Steuer vieles ungeklärt.
Die ewag plane aber auch beim Strompreis derzeit keine Erhöhung. Und falls der Staat wie versprochen Abgaben senken sollte: „Dann geben wir jeden Cent an unsere Kunden weiter“, kündigt Pfuhl an.
Quelle: SZ / Reiner Hanke
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